Bis jetzt hatte ich grössere Städte gemieden, da sie die Gefahr mit sich bringen, zu überfordern. Es ist allgemein viel schwieriger Fuss zu fassen. Beziehungsweise ist es vor allem schwieriger einen guten Stellplatz für die Nacht zu finden. Aber da fuhr ich also nach Bordeaux.

Nahe dem Zentrum fand ich ein gratis Parkplatz und mit dem Fahrrad fuhr ich in die Mitte. Und da war sie, die Reiselust. Ich bekam richtig Lust die Stadt zu erkunden, mich auszukennen und ich kam zum Schluss, dass ich Bordeaux mag. Darüber war ich wirklich froh, denn ich plante übers Wochenende zu bleiben, um am Sonntag eine Gemeinde zu besuchen. Und ohne es zu wollen stand ich plötzlich vor einem christlichen Buchladen. Vom Verkäufer erfuhr ich von der Englischen Kirche und er konnte mir den Kontakt zum Pastor geben. Für mich nochmal eine Bestätigung, dass ich am richtigen Ort war.

In Bordeaux wird Fahrrad gefahren. Die Stadt ist extrem flach. Mit meinem schwarzen City-Bike konnte ich mich also perfekt einfügen. Ich bin mir sicher, dass ich von den meisten als Local wahrgenommen wurde. Irgendwie schön.

Was Bordeaux für mich ausmacht ist ihr rauer, französischer Charm. Die Stadt ist für mich irgendwie authentisch, nicht so wie in anderen Teilen Frankreich, wo alles romantisiert wirkt.

Bordeaux ist voller kleiner unabhängiger Shops und Cafes. Die Innenstadt ist sehr belebt, es gibt eine sehr aktive Kunstszene, schöne Buchläden und gute Museen. (Massstäbe, welche für viele nicht bedeutend sind, für mich aber entscheidend sind.)

Zu den Museen kommen wir jetzt.
Jeden ersten Sonntag im Monat sind alle staatlichen Museen in Bordeaux gratis. Welche Glück, denn ich war genau dann in der Stadt.

Zuerst ging ich ins «Bassins du Lumières». Ein U-Boot Bunker, welcher mittels moderner Videotechnik zu einer 360 Grad Kino-Gallerie umgebaut wurde.

Eine unglaubliche Atmosphäre. Der Besuch hat sich absolut gelohnt. Die Kombination von Klimt, Klee, klassischer Musik und industrieller Architektur ist fantastisch.

Danach ging ich ins «Musée des beaux-arts de Bordeaux». Von den alten Meister bis zu den Kubisten wird alles ausgestellt. Sie zeigen viele lokale Künstler, was schön ist. Die Ausstellung kam mir aber irgendwie lieblos vor. Auf jeder Wand wurden möglichst viele Bilder präsentiert. Naja, vielleicht ist das auch einfach die französische Art.

Als letztes ging ich ins «CAPC», das Museum für zeitgenössische Kunst in Bordeaux. Alles, was mich im Musée des beaux-arts gestört hat, wurde hier wieder gut gemacht.

Die Ausstellung der deutschen-italienischen Künstlerin Irma Blank hat mir besonders gefallen. Sie arbeiten mit Schrift, ohne Sprache zu verwenden. Sie übergeht damit Grenzen, welche Worte und ihre Sprachen haben. Meditative Werke, welche durch ihre Einfachheit und Sorgfalt sehr viel aussagen können.

Manuel: Ich musste an dich denken. Das hätte dir auch gefallen.

Aber jetzt ist auch wieder genug mit meinen Museum-Reviews, versprochen.

Am Abend ging ich dann in die Englische Kirche. Ich wurde sehr warm willkommen geheissen. Nach all dem Französisch war es sehr schön wieder einmal Englisch zu sprechen. Und Gott hat es so geführt, dass ich prompt von einer Amerikanischen Familie eingeladen wurde. Bethany und Rory sind seit einem halben Jahr in Bordeaux und Teil der Kirche. Ihre beiden Söhne Wendell und Eugene haben direkt Freundschaft mir mir geschlossen.

Ich durfte zwei Nächte auf dem Bett der beiden Jungs schlafen. Und ich habe super geschlafen.

Diese Begegnung hat mir einmal mehr gezeigt, dass man als Christ eigentlich auf der ganzen Welt eine Familie hat. Klingt irgendwie kitschig aber es fühlte sich für mich so an. Ohne einander zu kennen wurde mir enormes Vertrauen entgegen gebracht. Wir assen zusammen und unterhielten uns bis spät Abends.

Es hat mir extrem gut getan zwei Nächte in einem stabilen Umfeld zu verbringen. Und es war für mich sehr schön zu erleben, wie die Familie ihren Glauben lebt. Ich bin ihnen dankbar und hoffe sie irgendwann in der Schweiz willkommen heissen zu können.

Am letzten Tag in der Stadt besuchte ich noch das Hipster-Viertel in Bordeaux: Darwin. Klischee, Klischee...
Viel Street Art, schöne Cafes und ein Angebot für jede Diät-, Allergie-oder sonstige Ernährungs-Variante. Und um es mir selbst zu beweisen fuhr ich ohne Hilfe von Google Maps durch die Stadt. Zu meiner Freude fand ich den Weg und bestand meinen selbst aufgestellten Test.

Zurück beim Bus wurde ich von einer Parkbusse willkommen geheissen. Frust genug war aber eigentlich, dass seit einem Tag meine Elektrizität im Bus nicht mehr funktionierte. Und wenn ich von etwas nichts verstehe, dann ist das Strom.

Nach Rücksprache mit Papi, der Lektüre der allgemeingültigen Büsli-Anleitung «Jetzt helf ich mir selbst» und etwas pröbeln fand ich das Problem. Ich musste blos eine kleine Sicherung wechseln.

Bestärkt von diesem kleinen Erfolgserlebnis widmete ich mich dann meinen weiteren Plänen. Denn wieder neu war ich vor tausend Möglichkeiten gestellt.